Nicht die Fans schaden der Liga, sondern das Totalversagen der verantwortlichen Entscheidungsträger

 

Die Faninitiative Innsbruck zeigt sich sehr besorgt angesichts der Unfähigkeit der verantwortlichen Entscheidungsträger, das Spiel Austria Salzburg gegen Wacker Innsbruck in regulärer Weise durchzuführen.

Wenn man nicht imstande ist, ein Fußballspiel der zweithöchsten nationalen Leistungsklasse ordnungsgemäß durchzuführen, weil die erwartete Zuschauerzahl über dem Durchschnitt liegt und man überregional keine geeignete Spielstätte findet, ist dies eines selbsternannten Sportlandes, das noch vor sieben Jahren eine Fußball-Europameisterschaft durchführen konnte, bereits unwürdig genug. Darüber hinaus zeugt es von hoher Unprofessionalität der Verantwortlichen, wenn man – obwohl die besondere Situation seit vielen Monaten bekannt war – zunächst gar keine beziehungsweise nur unzureichende Lösungsvorschläge präsentiert und dann in letzter Minute völlig abstruse Ansätze diskutiert, die eine ordentliche Durchführung des Spiels nicht ermöglicht, eher sogar torpediert hätten. Mit anderen Worten: Nicht etwa personalisierte Eintrittskarten, Sicherheitszonen oder Teil- bzw. Komplettausschlüsse von Stadionbesuchern können bei großem Fan-Andrang einen ordnungsgemäßen Spielbetrieb garantieren, sondern einzig und allein Spielstätten mit geeigneter Infrastruktur. Sprich Stadien, die keine besseren Sportplätze sind, sondern ihrem Namen gerecht werden und über eine Zuschauerkapazität verfügen, die der 2. Liga angemessen ist.

Profifußball ist in erster Linie Publikumssport, im Idealfall ein Massenevent. Das unterscheidet ihn vom Amateurfußball, wo oft nur kleine Zusehergruppen vor Ort sind. Die Bundesliga muss als Ausrichter des Profifußball-Betriebes deshalb nicht nur einen reibungslosen Sportbetrieb (auf dem Rasen, in den Umkleiden etc.) gewährleisten, sie muss auch dafür Sorge tragen, dass Stadionbesucher problemlos am Fußballereignis teilnehmen können. Dabei sollte sie ein (nicht zuletzt ökonomisches) Interesse daran haben, so vielen Fans wie nur möglich, die Gelegenheit für das Live-Erlebnis „Sky Go Erste Liga“ zu geben. Im aktuellen Fall erwächst der Eindruck, dass im Vorfeld nicht alle unterstützenden Möglichkeiten ausgeschöpft wurden. So stellt sich etwa die Frage, ob man beispielsweise nicht intensiver auf die Entscheidungsträger an potentiellen alternativen Spielorten wie Klagenfurt, Linz oder Wals-Siezenheim hätte einwirken können. Zwar wurden mit Blick auf die Fanfreundlichkeit von Stadien in der Vergangenheit positive Maßnahmen entwickelt, beispielsweise indem die Bundesliga infrastrukturelle Verbesserungen von Gästefan-Sektoren finanziell fördert. In der Vorbereitung des Spiels Austria Salzburg gegen Wacker Innsbruck kann den Entscheidungsträgern aus Sicht der organisierten Fußball-Fanszene jedoch nur Totalversagen attestiert werden.

Aufgrund der Zusammensetzung interessieren sich derzeit weitaus mehr Fußballfans für die 2. Liga, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Nur vor einer Woche begleitete ein positives Medienecho die erfreuliche Tatsache, dass rund 9.300 Zuseher die Partie LASK gegen Austria Salzburg besuchten. Für den Fußballsport in Österreich stellt dies einen enormen Imagegewinn dar, für die Bundesliga bedeutet es nicht zuletzt ein ökonomisches Plus. Gerade die zahlenmäßig stark vertretenen Anhängerschaften werden aber in den Medien und in den Verlautbarungen der verantwortlichen Entscheidungsträger selten als Bereicherung, sondern immer häufiger nur sehr einseitig als Sicherheitsrisiko angesehen. Dies gilt für die Fanszenen von Wacker Innsbruck und Austria Salzburg gleichermaßen. Gerade letztere wird spätestens seit dem Regionalliga-Aufstieg des Vereins durch eine dramatisierende Berichterstattung öffentlich diffamiert. Selbst Pressemeldungen über Verwaltungsübertretungen einzelner Mitläufer scheinen auszureichen, um die mediale Kriminalisierung einer kompletten Fanszene und damit der österreichischen Fankultur im Gesamten voranzutreiben. Ineffektive Zuschauerausschlüsse in der Vergangenheit (zum Beispiel anlässlich der Regionalligaspiele in Innsbruck oder Kufstein) und der Ruf nach einem Ligaausschluss waren kontraproduktiv und haben die gleichzeitig auch von Sicherheitsverantwortlichen so oft geforderten selbstregulierenden Kräfte innerhalb der Fanszene torpediert. Der vorverurteilende Umgang mit der Fanszene von Austria Salzburg steht dabei stellvertretend für vergleichbare Prozesse in anderen Bundesligastädten – auch in Innsbruck.

Es liegt in der Natur der Sache, eine öffentliche Sportveranstaltung mit nahezu fünfstelliger Zuschauerzahl sicherheitspolizeilich anders zu bewerten, als wenn nur eine Zusehergruppe im unteren vierstelligen oder sogar nur dreistelligen Bereich vor Ort ist. Daraus darf aber nicht folgen, dass – abgeleitet aus einem Vergleich mit Vereinen wie Liefering oder Kapfenberg – Klubs mit großem Anhang wie LASK, Austria Salzburg oder Wacker Innsbruck aus Sicht der Veranstalter und der Behörden immer nur einseitig als Sicherheitsrisiko angesehen werden und dabei völlig vergessen wird, dass sie eigentlich eine enorme positive Strahlkraft für die Liga haben. Außerdem sollte es seitens der Veranstalter und rund sieben Jahre nach der Europameisterschaft auch seitens der Exekutive problemlos möglich sein, Ligaspiele mit einem Fan-Andrang dieser Größenordnungen durchzuführen. Alles andere ist ein Armutszeugnis der Verantwortlichen und schadet der Attraktivität der Liga sowie dem Image des Fußballs insgesamt, für den das derzeitige hohe Zuschauerinteresse eigentlich ein Zugewinn ist.

 

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