Dialog statt Repression – Wacker Innsbruck als Musterbeispiel

altIm Profi-Fußball mangelt es nicht an Sicherheitsmaßnahmen, sondern an ehrlicher Kommunikation mit den Fans sowie an der Wahrnehmung und Einbindung von deren Interessen. Warum das Beispiel FC Wacker Innsbruck ein Best-Practice-Modell sein kann, wurde auf einer Tagung in Bochum deutlich.

Fanarbeiter, Polizisten und Wissenschaftler im Dialog

Einen besseren Termin hätten die Organisatoren vom Lehrstuhl für Kriminologie der Ruhr-Universität nicht auswählen können. Während in Frankfurt die Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball-Liga das umstrittene Sicherheitskonzept verabschiedete, fand im verschneiten Bochum eine internationale Tagung unter dem Titel „Fußball und Fans – Wissenschaftliche Perspektiven“ statt, die wegen der anhaltenden Sicherheitsdiskussion vor allem den Aspekt der Gewaltprävention zum Thema hatte. Dementsprechend hoch war auch das Interesse an der Tagung, was nicht nur die zahlreichen Kamerateams im Hörsaal bewiesen. Bereits Wochen zuvor hatten die Organisatoren keine Anmeldungen mehr für die Tagung angenommen. Zu dieser waren neben Sozial-, Kultur- und Rechtswissenschaftlern auch erstaunlich viele Personen aus dem Praxisbereich gekommen, unter anderem Ligavertreter, Polizeibeamte, Fanprojekt-Mitarbeiter oder Fanbeauftragte, aber auch einige Ultras von Vereinen aus dem Ruhrgebiet.

Der Fan – das unbekannte Wesen

Insgesamt 27 Vorträge und eine Podiumsdiskussion befaßten sich an zwei Tagen mit der Fußball-Fanszene, dem Umgang, den Vereine und Polizei mit den Fans pflegen, aber auch mit Partizipationsmöglichkeiten der Anhänger. Bei vielen Vorträgen und den anschließenden Diskussionen wurde dabei deutlich, daß die Wahrnehmung von Fans seitens der Medien aber auch der Verantwortlichen im Fußball – gerade mit Blick auf die Ultraszene – noch immer von Unkenntnis und Vorurteilen geprägt ist. Selbst Sicherheitsmaßnahmen benennen ihr Handlungsfeld der Fanszene oft mit verallgemeinernden, stereotypen oder veralteten Definitionen. Ob aber die oft als Allheilmittel genannte intensivere Erforschung der Fanszene die Situation verbessert, bleibt fraglich. Jedenfalls solange, bis Fußballfans nicht mehr ausschließlich als Sicherheitsrisiko, sondern als selbstbestimmte Subkultur betrachtet und auch anerkannt werden.

Fußball und Sicherheit in Österreich

Aus österreichischer Sicht besonders interessant war ein Vortrag von Ireen Christine Winter, Juristin am Institut für Strafrecht und Kriminologie der Universität Wien und Mitglied im Beirat des Österreichischen Präventionskongresses und im Wissenschaftlichen Beirat des Projekts „Football Research in Enlarged Europe“. Winter präsentierte die Ergebnisse einer Studie über die Sicherheitslage in der österreichischen Bundesliga, die auch auf die Fanszenen-Landschaft und einzelne Sicherheitsmaßnahmen eingeht. Weil die Untersuchung von Bedeutung für das sicherheitspolitische Handeln der Bundesliga und ihrer Vereine, aber auch der Polizei sein dürfte, sollte sie auch in den Fanclubs entsprechend diskutiert werden. Nachzulesen sind die Erhebungen im Buch „Fußball und Sicherheit in Österreich“.

Innsbruck als Beispiel für Dialog mit Fans

Doch die Tagung befaßte sich nicht nur mit dem Aspekt der Gewaltprävention. Einzelne Vorträge stellten die positiven, bislang wenig berücksichtigten Seiten der Fankultur heraus, beschrieben Ultragruppierungen als positive Sozialisationsinstanz oder dokumentierten, welchen Beitrag einzelne Faninitiativen zur Demokratisierung des Fußballs leisten. Hervorzuheben ist diesbezüglich vor allem der Vortrag von Gesellschaftswissenschaftler Stefan Hebenstreit, der aufzeigte, warum es sinnvoll sein kann, die Interessen von Fans nicht als Risiko sondern als Chance für die konkrete Vereinspolitik anzusehen. Seine Überlegungen untermauerte Hebenstreit mit dem Praxisbeispiel des Mitgliedervereins FC Wacker Innsbruck, welches das überwiegend deutsche Publikum, aber auch die Teilnehmer aus Österreich positiv überraschte. Die Einbindung der Fans habe deren Identifikation mit dem Verein und in Folge dessen die Bereitschaft gesteigert, sich aktiv in das Vereinsleben einzubringen – ein Beispiel wie das soziale Beziehungsgefüge im Profifußball durch die Einbindung von Faninteressen profitieren kann.

„Die Fans ernst nehmen“ – Worthülse oder ernstgemeiner Vorsatz?

In der Abschlußdiskussion zeigten sich nicht nur Marco Noli, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte und Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte, sondern auch Hendrik Große Lefert, Sicherheitsbeauftragter des DFB und Bernhard Witthaut, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, einig, daß man die Anliegen der Fans mehr berücksichtigen müsse. Auch Reinhart Rauball, Präsident der Deutschen Fußball-Liga und Vorsitzender bei Borussia Dortmund, bekräftigte diesen Vorsatz. Ob und inwieweit der so oft geforderte Dialog mit den Anhängern umgesetzt und strukturell abgesichert wird und welche Verbesserungen für Fans hieraus erwachsen sollen, bleibt letztlich aber wohl fraglich, zumal die Fronten angesichts der jüngsten Entwicklung noch immer verhärtet zu sein scheinen.