Homophobie raus aus den Stadien!

In der letzten Ausgabe der Stimme der Kurve wurde ein Text zum Thema Homophobie im Fußball veröffentlicht, welchen wir euch heute noch einmal präsentieren wollen. Ein Grund dafür ist, dass wir als Faninitiative diesem Thema große Bedeutung zuschreiben und hoffen durch die Thematisierung zum Zurückdrängen von homophoben Aktivitäten aus dem Stadion beitragen zu können. Ein zweiter Grund ist, dass beim Auswärtsspiel des FC Wacker Innsbruck in Graz aus dem Gästesektor der Gesang „Schwuler SK Sturm!“ zu vernehmen war. Wie der nachfolgende Text zeigt, handelt es sich hierbei nicht um eine harmlose Beschimpfung des Gegners, sondern um eine Beleidigung von homosexuellen Menschen, der wir uns vehement verwehren wollen.

Schenkt dem Thema eure Aufmerksamkeit und setzt euch gemeinsam gegen jede Diskriminierung im Stadion und überall sonst ein!

Laut einer Dalia-Studie aus dem Jahre 2016 (n=12000) sind 6,2% der Österreicher*innen homosexuell. Der allseits bekannte Kondome-Hersteller Durex führte ebenfalls eine Studie durch, bei welcher sogar 15% der Österreicher*innen angaben, bereits homoerotische Erfahrungen gesammelt zu haben. Rein statistisch betrachtet müsste es also in unserem Profi-Kader ein bis zwei homosexuelle Spieler geben, oder sogar vier Spieler mit homoerotischen Erfahrungen. Viele werden jetzt sagen, dass dies sicher nicht der Fall sei, da sich die Spieler bestimmt längst geoutet hätten. Doch gerade im Fußball ist Homosexualität nach wie vor ein Tabuthema, sodass Profi-Spieler anstatt sich zu outen, lieber auf eine Scheinpartnerschaft einlassen, weil sie Nachteile durch ihr „Coming-out“ befürchten. Das ist auch tatsächlich der Fall, da es immer wieder Spieler*innen oder Trainer*innen gibt, welche bekräftigen, dass sie mit keinem/keiner Homosexuellen in einem Team spielen könnten, aus welchem Grund auch immer. Neben den Aussagen der Spieler*innen und Trainer*innen gibt es auch noch uns Fans, die mit ihrem Verhalten die Enttabuisierung der Homosexualität im Fußball erschweren. Der Schiri pfeift schlecht und ist somit eine „Schwuchtel“, der Spieler geht nicht richtig in den Zweikampf und wird als „Woarmer“ tituliert, die Spielerin wird schnell zur „Kampflesbe“. Schwul sein wird also zum Synonym für alles Schlechte im Spiel herangezogen. Doch gerade diese Stereotypisierung von „guter Fußball = männlich“ hinkt. Warum sollten homosexuelle Spieler nicht männlich, hart und körperbetont Fußball spielen können? Man erinnert sich nur an Thomas Hitzelsberger, welcher sich in der härtesten Liga der Welt, der Premier League, aufgrund seiner äußerst harten Spielweise den Spitznamen „The Hammer“ erworben hat. Nach seinem Karriereende hat er sich als homosexuell geoutet. Homosexualität hat also nichts mit einer weichen, schwachen und schlechten Spielweise zu tun. Doch kommen wir zurück zu unseren Zahlenspielen: Angenommen das Tivoli-Stadion ist mit 13.000 Zuschauern (+2000 Gästen) gegen den LASK ausverkauft und wir stimmen „Schwuler, Schwuler ASK!“ an. Abgesehen davon, dass schwul sein nichts Schlimmes und erst recht keine Beleidigung darstellen sollte, beleidigen wir mit diesem Lied nicht nur die Scheiss Linzer. Nein, auch die (statistisch gesehen) rund 800 homosexuellen Anhänger*innen unseres FC Wacker Innsbruck im Stadion sind Ziel der Beleidigung. Wir beleidigen uns also selbst. Oft kommt dann das Argument, dass es eh nicht beleidigend gemeint sei. Schön für denjenigen, doch ein Heterosexueller darf und kann nicht darüber entscheiden wann sich ein homosexueller Mensch diskriminiert zu fühlen hat und wann nicht. Warum ist es so wichtig, dass wir uns als Fußballfans gegen Homophobie stellen? Es gibt homosexuelle Fußballspieler*innen, daran lässt sich nicht zweifeln. Trotzdem wagen es die allerwenigsten ihre sexuellen Vorlieben frei auszuleben. Dadurch entsteht für die Betroffenen ein enormer psychischer Druck, welcher mit ein Grund für die horrende Anzahl an Suiziden und Suizidversuchen unter Homosexuellen ist. Laut einer Studie der Universität Salzburg (2004) liegt die Suizidrate bei dieser Gruppe in Österreich rund 7-mal höher als bei Heterosexuellen. Jeder dritte Suizidversuch wird von einem gleichgeschlechtlich orientierten Menschen begangen. 90% davon geschehen in der Altersgruppe der 15 bis 27-Jährigen. Hauptursache dafür sind die geringe soziale Unterstützung, Diskriminierung sowie Ausgrenzung. Wir Fußballfans sind die größte Subkultur und haben somit einen gesellschaftsformenden Charakter, wir gehen sozusagen als Vorbilder voran. Lasst uns also eine Kurve leben, in der sexuellen Vorlieben keine Rolle spielen.

Faninitiative Innsbruck, November 2018

Stellungnahme zu geplanten Gesetzesvorstößen des Innenministeriums

Sind nicht konforme Gruppierungen dem Staat per Definition ein Dorn im Auge, bekommen das organisierte Fußballfans durch den unvermeidbaren Kontakt mit der Polizei jeden Spieltag auch deutlich zu spüren. Neue Mittel der Repression und schwammige Gesetzesstellen können hier ohne großes mediales Interesse ausgetestet und Grenzen ohne Konsequenzen überschritten werden.

Seit geraumer Zeit hat sich der Grad an Überwachung auf ein Niveau zugespitzt, bei dem von einem ungezwungenen Stadionbesuch in keinster Weise mehr die Rede sein kann. Die meisten Spiele werden von Polizeieinsätzen begleitet, die jegliches Fingerspitzengefühl und Gespür für Verhältnismäßigkeit vermissen lassen. Hochgerüstete Polizisten mit Schildern, Panzern, Helmen und Schlagstöcken schaffen ein Bedrohungsszenario, das eine vergnügliche Wochenendbeschäftigung unmöglich erscheinen lässt.

Und mit dem neubesetzten Innenministerium dürfen wir nun auch wieder eine Diskussion über Pyrotechnik führen. Eigentlich sind wir es leid, Aussendungen zu den immer gleichen Themen zu schreiben aber der vollständige Realitätsverlust einiger Beamter im BMI, dem wir die aktuelle Diskussion zu verdanken haben, zwingt uns doch dazu Stellung zu beziehen. Worum geht es also im vorliegenden Fall?

Bereits vor einigen Jahren war das Thema Pyrotechnik im wahrsten Sinne des Wortes brandaktuell. Ein vollständiges Verbot wurde diskutiert und eine solidarische vereinsübergreifende Kampagne formierte sich, um das Verbot dieses essentiellen Bestandteils von lebendiger Fankultur zu verhindern. Und so schaffte man es in Innsbruck als Vorreiter eine Ausnahmegenehmigung für Heimspiele zu erarbeiten, die ob ihres unkomplizierten Charakters und der ausnahmslosen Einhaltung durch die Fanszene sehr bald von allen Seiten gelobt wurde. Diese Handhabe war auch für uns als Faninitiative ein wichtiger Schritt um Fankultur zu entkriminalisieren und unnötigen Stress zu vermeiden. Zu einem großen Teil durch die unermüdliche Aufklärungsarbeit seitens der Fans wandelte sich in den letzten Jahren die öffentliche Wahrnehmung und heute findet sich kaum ein Verein, der sich nicht hinter seine AnhängerInnen stellt und sich für ein legalisiertes und damit kontrolliertes Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen einsetzt. Kein Wunder, spart man sich damit unnötige Geldstrafen und Kriminalisierung meist junger Erwachsener. Die Genehmigungen für legalen Pyroeinsatz wurden also mehr und das Thema verschwand zunehmend von der Bildfläche. Man war sich mit den meisten Experten einig, dass ein Verbot nichts bewirkt und nur zusätzlichen Zündstoff liefert. So können wir in Innsbruck auf eine erfolgreiche Regelung zurückblicken, die wohl auch entscheidend dazu beitrug, dass in den letzten Jahren weder Verletzungen, noch sonstige negative Vorkommnisse im Zusammenhang mit Pyrotechnik zu beklagen waren.

Bild könnte enthalten: eine oder mehrere Personen und Text

Mit Sorge blicken wir auf den jetzt geplanten Wegfall sämtlicher Ausnahmegenehmigungen. Der Glaube, dass sich damit die Situation in den österreichischen Fankurven in irgendeiner Weise zum Besseren verändert, kann leider nur als naiv gewertet werden. Weder bewirken solche Verbote sonderlich viel, noch besteht in diesem Bereich Handlungsbedarf. Die einzige Konsequenz sind Fangruppen die sich fragen müssen, inwiefern Kooperationen und einvernehmliche Regelungen überhaupt noch Sinn machen, wird hier seitens der Behörden offenbar auf Eskalation gesetzt. Dass weder Bundesliga geschweige denn FanvertreterInnen in die Überlegungen einbezogen wurden, spricht Bände über die neue Verhandlungskultur im BMI.

Wir als Faninitiative werden auch weiterhin die positiven Potentiale von Fankultur in den Vordergrund rücken und Reibungspunkte im Stadionumfeld so gut es geht ausräumen. Solche Vorgehensweisen sind dabei absolut kontraproduktiv.

Wir appellieren also mit aller Vehemenz an die zuständigen Behörden und politischen EntscheidungsträgerInnen sich den Meinungen von Fangruppen, Vereinen, Experten und Fanprojekten anzuschließen und ein geregeltes Abbrennen von Pyrotechnik auch weiter zuzulassen. Für den Erhalt der Fankultur!

Faninitiative Innsbruck, März 2018

Umgang mit der Ordnungsmacht

Aus gegebenem Anlass möchten wir an dieser Stelle einen etwas ältereren Beitrag aus der „Stimme der Kurve“ veröffentlichen. Obwohl die Veröffentlichung bereits ein Jahr zurückliegt, hat das Thema an Aktualität nichts eingebüßt:

„Das Verhältnis zwischen Fussballfans und der Polizei ist seit jeher ein angespanntes. Die Geschichte organisierter Fankultur ist die einer Bewegung, die sich ihren Weg nicht von anderen vorschreiben lässt. Durch Spruchbänder, optische Stilmittel oder Gesänge äußern wir uns seit jeher zu Themen die uns betreffen und erreichen im Stadion mit kreativen und spontanen Mitteln ein breites Publikum. Es liegt somit in der Natur der Sache, dass aktive Fußballfans staatlichen Stellen ein Dorn im Auge sind. Immer neue Gesetzesverschärfungen sind nur die Spitze eines Eisbergs von Repressalien, die wir an jedem Spieltag und darüber hinaus zu spüren bekommen. Allein die Tatsache, dass man als Auswärtsfahrer nach Spielende vor den Stadiontoren von Hundertschaften der Einsatzeinheit mit Polizeihunden erwartet wird, sollte zum Nachdenken anregen. Doch uns diesem Druck zu fügen und nach deren Pfeife zu tanzen, widerstrebt uns mit jeder Faser unseres Körpers. Ein mundtotes Publikum aus gläsernen Zuschauern, deren Stadionbesuch primär Konsumzwecken dient, wird es mit uns nicht geben. Zumal wir uns, wie ein Blick über die Grenze nach Italien zeigt, in Österreich noch auf einer Insel der Seligen befinden.

Um das auch weiterhin zu garantieren, gilt es allerdings für jeden von uns im Umgang mit der Staatsmacht ein paar Dinge zu beachten. So sind Gespräche mit einzelnen Ordnungshütern sowohl zu Hause als auch auf Auswärtsfahrten absolut kontraproduktiv und schaden jedem Einzelnen von uns, auch wenn wir es im ersten Moment oft nicht merken. Jeder Polizist der bei einem Fußballspiel eingesetzt wird, handelt in seiner Funktion, so sehr er auch als netter Zeitgenosse erscheinen mag. Jede Frage, so beiläufig sie auch erscheinen mag, hat nur den Zweck euch Informationen zu entlocken oder euch in Gespräche zu verwickeln, die später auf andere oder auch euch selbst zurückfallen können. Niemand ist verpflichtet sich mit einem Polizisten zu unterhalten. Selbiges gilt für szenekundige Beamte. Somit bitten wir euch eindringlich darum, solchen Gesprächen aus dem Weg zu gehen. Dreht euch einfach um oder geht weiter. Wenn ihr Fragen habt, wendet euch an bekannte Gesichter und es wird euch garantiert weitergeholfen. Aber redet nicht mit den Bullen!

Auch auf der Tribüne aufgenommene Videos können dafür sorgen, dass andere Stadiongänger, die zum Beispiel bei der Benützung von Pyrotechnik gefilmt werden, Schaden nehmen. So schön das Kurvenbild oftmals auch erscheinen mag, lasst euer Handy stecken und supportet fleißig, damit ist jedem mehr geholfen. Auch wenn ein Video nicht im Internet landet, was sowieso einem Kollateralschaden gleicht, kann es sehr schnell in die falschen Hände geraten.

Solltet ihr, warum auch immer, von der Polizei angehalten werden, fragt nach dem Grund, ob euch etwas vorgeworfen wird und am besten auch nach der Dienstnummer des betreffenden Ordnungshüters. Sofern ihr nicht festgenommen wurdet, hat die Polizei kein Recht euch nach der Amtshandlung weiter festzuhalten. Sollte das blöderweise doch der Fall sein, gibt es einige wichtige Sachen zu beachten. Zunächst solltet ihr jegliche Aussage zum euch Vorgeworfenen ablehnen. Ihr habt später noch genug Zeit eure Sicht der Dinge darzulegen. Außerdem habt ihr das Recht einen Telefonanruf zu machen. Wenn ihr nicht darauf hingewiesen werdet, fragt danach. Informiert auf jeden Fall einen Vertrauten wo ihr euch befindet und was euch vorgeworfen wird. Und zu guter Letzt steht es euch natürlich zu einen Rechtsbeistand beizuziehen. All das sind Rechte die euch in jedem Fall gewährt werden müssen!

So schlimm all das auch klingen mag, ist es nur zu eurem Besten, wenn ihr diese Dinge immer im Hinterkopf habt. Niemand von uns sollte Probleme mit der Polizei haben, doch es kann jedem passieren, dass er zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Und dann über seine Rechte Bescheid zu wissen ist mehr als nur hilfreich.“

2017 veröffentlicht in der „Stimme der Kurve“, dem Stadionheft der Tivoli Nord