Zum Vereinszweck der Faninitiative Innsbruck gehört auch, „das Wissen über die multikulturelle und internationale Geschichte des Fußballsports zu verbreiten“. Um sich über aktuelle Erkenntnisse zu informieren und dadurch die Diskussion über bestimmte fußballgeschichtliche Themen auch in Innsbruck anzufachen, nehmen Vertreterinnen und Vertreter der Faninitiative immer wieder an internationalen Bildungsveranstaltungen teil. So auch bei der internationalen sporthistorischen Konferenz unter dem Titel „Europäischer Fußball im Zweiten Weltkrieg“, die Anfang Februar im Kloster Irsee im Allgäu stattfand.
Fußball in Osteuropa während der Kriegsjahre
Die einzelnen Themenblöcke der Konferenz spannten einen weiten Bogen über die Fußballgeschichte in den Jahren 1939 bis 1945. Mehrere Vorträge widmeten sich zum Beispiel der Frage, wie in einzelnen osteuropäischen Staaten (z.B. Sowjetunion, Jugoslawien, Polen) Fußball gespielt wurde, während diese durch die deutsche Wehrmacht besetzt waren, beschäftigten sich mit dem Niedergang des deutsch-böhmischen Fußballs unter dem NS-Regime oder präsentierten neueste Recherchen zur Fußballsport-Geschichte in Palästina oder in Malta, das damals britische Kronkolonie war und wegen seiner strategisch wichtigen Lage stark umkämpft wurde.
Fußball und Politik im Zweiten Weltkrieg
Die politische Aufladung des Fußballs war in der Zeit des Zweiten Weltkriegs besonders deutlich. Fußball war immer auch ein Instrument der Außenpolitik. Aber auch im Inneren diente der beliebte Sport während des Kriegs als politisches Instrument, um die Menschen abzulenken. Einzelne Vorträge der Tagung beschäftigen sich am Beispiel des Fußballs mit der Frage der Neutralität der Schweiz, zeichneten die kriegsbedingte Länderspielpause der deutschen Nationalmannschaft von 1942 bis 1950 nach oder diskutierten die Bedeutung des „War-Time-Football“ in Großbritannien. Weitere Vorträge hinterfragten die Mythen und Legenden in Fußballfilmen, die in der Kriegszeit spielen, oder die Bedeutung des Fußballs in der modernen Oper „The Silver Tassie“.
Blitzkrieg auf dem Fußballplatz
Die Tagung förderte auch einige Kuriositäten zu Tage: Eine Änderung der Abseitsregel hatte ab 1925 defensivere Mannschaftsaufstellungen zur Folge. Deshalb forderte der bayrische NS-Sportfunktionär Karl Oberhuber während des Krieges die Rückkehr zum alten Spielsystem mit fünf Stürmern, um den Blitzkrieg der Wehrmacht im Polenfeldzug auf dem Fußballplatz wiederzuspiegeln. Ein Streit mit Reichstrainer Sepp Herberger war die Folge. Letztlich konnte Oberhuber sein wahnwitziges Vorhaben nicht durchsetzen. Nach dem Krieg arbeitete der überzeugte Nazi als Verkäufer von Milchmixgetränken in der Münchner Innenstadt, während Herberger mit seiner Spieltaktik 1954 Weltmeister wurde.
Situation in Österreich
Auch der Fußball in der „Ostmark“, wie Österreich nach der Eingliederung in das Deutsche Reich genannt wurde, war Thema der Tagung. Präsentiert wurden unter anderem Forschungsergebnisse über die damalige Situation beim GAK und bei Sturm Graz. Teilweise ließ sich recherchieren, dass Sponsoren die Fußballer in kriegswichtigen Unternehmen anstellten, um sie per „Uk-Stellung“ (Unabkömmlichstellung) vom Fronteinsatz zu bewahren. Für Wiener Fußballvereine ist belegt, daß einzelne Spieler sogar Selbstverstümmelungen vornahmen, um dem Schrecken des Krieges für einige Zeit im Lazarett zu entkommen. Es gab aber auch Spieler, die in treuer Pflichterfüllung den Marschbefehl erfüllten.
Vereinsgeschichte FC Wacker Innsbruck
Diese neuesten Erkenntnisse der fußballgeschichtlichen Forschung sollen in Innsbruck auch Motivation sein, die Vereinsgeschichte des FC Wacker zu untersuchen. Schon lange fordert die Faninitiative Innsbruck eine Aufarbeitung der Geschichte des FCW in der Zeit des Nationalsozialismus. Das 100-jährige Vereinsjubiläum im kommenden Jahr ist hierfür ein guter Anlass.
Literaturempfehlungen: