Sind nicht konforme Gruppierungen dem Staat per Definition ein Dorn im Auge, bekommen das organisierte Fußballfans durch den unvermeidbaren Kontakt mit der Polizei jeden Spieltag auch deutlich zu spüren. Neue Mittel der Repression und schwammige Gesetzesstellen können hier ohne großes mediales Interesse ausgetestet und Grenzen ohne Konsequenzen überschritten werden.
Seit geraumer Zeit hat sich der Grad an Überwachung auf ein Niveau zugespitzt, bei dem von einem ungezwungenen Stadionbesuch in keinster Weise mehr die Rede sein kann. Die meisten Spiele werden von Polizeieinsätzen begleitet, die jegliches Fingerspitzengefühl und Gespür für Verhältnismäßigkeit vermissen lassen. Hochgerüstete Polizisten mit Schildern, Panzern, Helmen und Schlagstöcken schaffen ein Bedrohungsszenario, das eine vergnügliche Wochenendbeschäftigung unmöglich erscheinen lässt.
Und mit dem neubesetzten Innenministerium dürfen wir nun auch wieder eine Diskussion über Pyrotechnik führen. Eigentlich sind wir es leid, Aussendungen zu den immer gleichen Themen zu schreiben aber der vollständige Realitätsverlust einiger Beamter im BMI, dem wir die aktuelle Diskussion zu verdanken haben, zwingt uns doch dazu Stellung zu beziehen. Worum geht es also im vorliegenden Fall?
Bereits vor einigen Jahren war das Thema Pyrotechnik im wahrsten Sinne des Wortes brandaktuell. Ein vollständiges Verbot wurde diskutiert und eine solidarische vereinsübergreifende Kampagne formierte sich, um das Verbot dieses essentiellen Bestandteils von lebendiger Fankultur zu verhindern. Und so schaffte man es in Innsbruck als Vorreiter eine Ausnahmegenehmigung für Heimspiele zu erarbeiten, die ob ihres unkomplizierten Charakters und der ausnahmslosen Einhaltung durch die Fanszene sehr bald von allen Seiten gelobt wurde. Diese Handhabe war auch für uns als Faninitiative ein wichtiger Schritt um Fankultur zu entkriminalisieren und unnötigen Stress zu vermeiden. Zu einem großen Teil durch die unermüdliche Aufklärungsarbeit seitens der Fans wandelte sich in den letzten Jahren die öffentliche Wahrnehmung und heute findet sich kaum ein Verein, der sich nicht hinter seine AnhängerInnen stellt und sich für ein legalisiertes und damit kontrolliertes Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen einsetzt. Kein Wunder, spart man sich damit unnötige Geldstrafen und Kriminalisierung meist junger Erwachsener. Die Genehmigungen für legalen Pyroeinsatz wurden also mehr und das Thema verschwand zunehmend von der Bildfläche. Man war sich mit den meisten Experten einig, dass ein Verbot nichts bewirkt und nur zusätzlichen Zündstoff liefert. So können wir in Innsbruck auf eine erfolgreiche Regelung zurückblicken, die wohl auch entscheidend dazu beitrug, dass in den letzten Jahren weder Verletzungen, noch sonstige negative Vorkommnisse im Zusammenhang mit Pyrotechnik zu beklagen waren.
Mit Sorge blicken wir auf den jetzt geplanten Wegfall sämtlicher Ausnahmegenehmigungen. Der Glaube, dass sich damit die Situation in den österreichischen Fankurven in irgendeiner Weise zum Besseren verändert, kann leider nur als naiv gewertet werden. Weder bewirken solche Verbote sonderlich viel, noch besteht in diesem Bereich Handlungsbedarf. Die einzige Konsequenz sind Fangruppen die sich fragen müssen, inwiefern Kooperationen und einvernehmliche Regelungen überhaupt noch Sinn machen, wird hier seitens der Behörden offenbar auf Eskalation gesetzt. Dass weder Bundesliga geschweige denn FanvertreterInnen in die Überlegungen einbezogen wurden, spricht Bände über die neue Verhandlungskultur im BMI.
Wir als Faninitiative werden auch weiterhin die positiven Potentiale von Fankultur in den Vordergrund rücken und Reibungspunkte im Stadionumfeld so gut es geht ausräumen. Solche Vorgehensweisen sind dabei absolut kontraproduktiv.
Wir appellieren also mit aller Vehemenz an die zuständigen Behörden und politischen EntscheidungsträgerInnen sich den Meinungen von Fangruppen, Vereinen, Experten und Fanprojekten anzuschließen und ein geregeltes Abbrennen von Pyrotechnik auch weiter zuzulassen. Für den Erhalt der Fankultur!
Faninitiative Innsbruck, März 2018