Diesen Sommer erschütterte ein Abhörskandal die Fanszene von Chemie Leipzig. Natürlich haben wir uns in der Stimme der Kurve, dem Kurvenmedium der Innsbrucker Fanszene, auch damit auseinandergesetzt. Eine kurze Schilderung der Ereignisse und Tipps zum Thema digitale Selbstverteidigung findet ihr in folgendem Text:
Über Überwachungs- und Repressionsmaßnahmen der Staatsmacht wurde in diesem Heft schon einiges geschrieben. Es ist ein weiteres trauriges Kapitel, das diesmal in Deutschland geschrieben wurde, welches den Anlass für diesen Text bildet. Vor ein paar Wochen bekamen einige Fußballfans der Vereine Chemie Leipzig und Eintracht Frankfurt überraschend Post von der Staatsanwaltschaft, in der ihnen mitgeteilt wurde, dass sie Objekt einer Telekommunikationsüberwachung waren.
Wie kam es zu diesem Einschnitt in die Freiheitsrechte der Betroffenen? In Leipzig wurde von der Staatsanwaltschaft, nachdem vor einigen Jahren schon ein ähnlicher Vorwurf gegen Teile der linken Szene, sowie Angehörige der Fanszene der BSG erhoben wurde, erneut ein Verfahren wegen der angeblichen Bildung einer „Kriminellen Vereinigung“ eröffnet. Schon das erste Verfahren, wie nun auch das neuere, wurde eingestellt, nachdem feststand, dass die Vorwürfe jeglicher Grundlage entbehrten; schlichtweg nichts vorlag, was einer „Kriminellen Vereinigung“ nach dem deutschen Strafgesetzbuch entsprechen würde. Ist der Vorwurf der Bildung einer solchen Vereinigung bereits Anlass genug, dem Staat und seinen Repressionsbehörden eine gehörige Portion Misstrauen entgegenzubringen, sind die Maßnahmen, die eine Verfahrenseröffnung diesen Behörden zugänglich macht, nicht mehr rein als Schikane, sondern als schwerwiegender Eingriff in die Privatsphäre der Betroffenen zu werten, und als solcher aufs Schärfste zu verurteilen.
Das gesamte Ausmaß der jetzigen Situation wird wohl erst im Laufe der nächsten Monate ans Licht kommen. Genaue Zahlen gibt es hingegen zum ersten Angriff auf die Leipziger Szene. So wurden zwischen 2013 und 2016 57.000 Telefonate und Nachrichten erfasst und dokumentiert. Betroffen waren Fußballfans, politische Aktivisten und all jene, welche Kontakt zu diesen Leuten hatten, also Familie, Mitarbeiter, Bekannte etc.
Nun sind die zwei Fälle aus Leipzig Fälle von Überwachung, die höchstoffiziell genehmigt und säuberlich dokumentiert durchgeführt wurden. Davon auszugehen, dass diese offiziellen Fälle die einzigen Überwachungsbestrebungen der Staatsmacht darstellen würden, wäre allerdings naiv. Polizei, Verfassungsschutz usw. haben Instrumente, die diese Überwachung möglich machen – es ist davon auszugehen, dass diese auch intensiv, und wohl durchaus nicht immer den Gesetzen entsprechend genutzt werden. Aus diesem Grund sollten wir alle versuchen, uns vor Angriffen der Repressionsbehörden bestmöglich zu schützen.
Wie kann dieser Schutz aussehen? Zuerst ist es wichtig, sein Internet- und Kommunikationsverhalten zu hinterfragen und gegebenenfalls anzupassen. Wer Informationen über sich freiwillig zB. über Facebook und andere Netzwerke preisgibt, macht es den Behörden einfacher als notwendig. Wie im und rund ums Stadion nicht mit der Polizei gesprochen werden sollte, sollte man ihnen auch im Internet nichts mitteilen, noch dazu ungefragt! Ein weiter Aspekt ist die Kommunikationsebene. Macht euch schlau über alternative Kanäle; SMS, Facebookmessenger, Whatsapp usw. sind nicht sicher, Signal stellt beispielsweise eine Alternative dar! Einen kleinen Überblick über Möglichkeiten sich zu schützen, sowie generelle Infos zu Überwachung findet ihr auf: