Um unsere Reihe fortzusetzen, ein weiterer Text aus der Stimme der Kurve, dem Stadionheft der Tivoli Nord. Erschienen im Jahr 2017, beschäftigt sich der Autor mit dem damals frisch geschnürten Sicherheitspaket und Überwachung im Internet. Viel Spaß beim Lesen!
Nun ist es also wieder so weit. Zum gefühlt tausendsten Mal wird in Österreich ein Überwachungspaket geschnürt, die zuständigen Stellen sonnen sich im Blitzlichtgewitter und den Bürgern wird vermittelt, dass sie sich jetzt wieder „sicherer“ fühlen können. Paradoxerweise ist jedoch nicht einmal geklärt, was Sicherheit bedeutet. Denn spricht man von objektiver Sicherheit, scheint kein Handlungsbedarf zu bestehen. Österreich liegt im Global Peace Index knapp hinter Island und Dänemark am stolzen dritten Platz. Viel eher geht es darum das subjektive Sicherheitsgefühl zu schärfen, und besorgten Bürgern zu vermitteln, dass der Staat eh alles im Griff hat. Ganz klar ist aber, dass diese Maßnahmen neben anderen Bevölkerungsgruppen, die sich nicht dem gesellschaftlichen Einheitsbrei hingeben, auch uns als Stadiongeher treffen werden. Oder um es mit einer Avantgardistin zu sagen: „Wer sich nicht bewegt, spürt auch seine Fesseln nicht!“
So haben nun auch private Sicherheitsunternehmen die Ehre, Videoaufzeichnungen an staatliche Stellen weiterzuleiten und verpflichtend abzuspeichern. Die bereits jetzt sehr weit fortgeschrittene Videoüberwachung im öffentlichen Raum wird also noch weiter ausgebaut. Und das ist nur die Spitze eines Eisberges an Maßnahmen, bei denen sich George Orwell im Grab umdrehen würde. Die Unfähigkeit der Behörden soll also damit kaschiert werden, dass ihnen angeblich die rechtlichen Mittel fehlen. Wer im Stadionumfeld bereits Zeuge polizeilicher Maßnahmen geworden ist, kann sich da nur wundern. Sehr häufig scheint Willkür probates Mittel zu sein, doch wer glaubt zunehmende Repression gegenüber organisierten Fußballfans wäre der richtige Weg, hat sich wohl noch nie eingehender mit der Thematik auseinandergesetzt.
Um euch auch etwas Konstruktives mit auf den Weg zu geben, widmen wir uns den sozialen Medien. Unser Grundsatz, Internetforen den ihnen immanenten Internethelden zu überlassen, ist hoffentlich bekannt.
Und nicht nur die Peinlichkeit, die mit so mancher Internetpräsenz einhergeht ist zu kritisieren, sondern selbstverständlich auch die komplette Auslieferung an staatliche Organe. Wenig überraschend und vermutlich auch allen irgendwie bewusst ist die wachsende Bedeutung unserer digitalen Kommunikation für die Ermittlungsbehörden. Es bringt nichts im Stadion das Gespräch mit den Bullen zu verweigern und ein paar Stunden später Fotos im Internet zu posten. Es gibt viele gute Texte, die sich umfassender mit dem Thema „Digitale Selbstverteidigung“ befassen und darlegen, welche Daten man durch schlichtes Surfen im Netz hinterlässt und was ein möglicher Umgang damit sein kann. Mit Blick auf Repressionen gegen Fussballfans sind aber vor allem soziale Netzwerke genauer zu betrachten. Deren ausschweifende Nutzung entspricht nicht einfach dem passiven Nicht-Verhindern von Überwachung, sondern einem aktiven Bereitstellen von umfangreichen Informationen – und das ohne Aufforderung oder Druck von Seiten der Behörden. Es wäre also jeder gut beraten, vor dem nächsten Post für ein paar Sekunden das Hirn einzuschalten!